Chronik der Theatergruppe Erbshausen-Sulzwiesen
Die Laienspielgruppe der DJK Erbshausen-Sulzwiesen ist die älteste Theatergruppe im Landkreis
Würzburg. Sie kann bereits auf 100 Jahre Laienspiel zurückblicken.
Am 4. Februar 1912 gründeten unter Pater Evodius Wallbrecht O.S.A. 24 Burschen und 5 Männer den Burschenverein. Sie hatten sich die Förderung des Kulturgutes, d. h. Theater und Liedgut, in der Gemeinde zur Aufgabe gemacht. Bereits am 11. August 1912 fand die erste Probe statt, denn man wollte noch im gleichen Winter mit den Aufführungen beginnen. Es gelang ihnen auch, denn am 5. Januar 1913 war in der Stühlerischen Wirtschaft Premiere für „Da kam der Bauer als König Herodes“.
Im Winter von 1913 auf 1914 war die Theaterabteilung sehr rege. Sie gestaltete den zweiten Weihnachtsfeiertag und den dritten Sonntag danach zu einem wahren Theatertag. Es wurden nachmittags und abends jeweils fünf Einakter aufgeführt.
Nachdem zur Fastnacht 1914 noch einige Einakter aufgeführt wurden, kam es zu einer unfreiwilligen Pause bis 1918, denn in der Kriegszeit hatte man zum Theaterspielen keine Zeit und keine Muse mehr.
Schon 1919 wurde der Burschenverein wieder aktiv und spielte zu Weihnachten fünf Einakter.
Im Jahre 1920 wurde Pater Evodius versetzt und Pater Hieronymus übernahm die Führung des Vereins und die Regie. In den folgenden Jahren wurde regelmäßig an Fastnacht und in der Weihnachtszeit Theater gespielt.
In den Jahren 1932 - 1934 fanden die Aufführungen auf großen Freilichtbühnen in Erbshausen und Fährbrück statt. Es wurden vor allem biblische Stücke vor ca. 500- 600 Zuschauern gespielt. 1935 wurde noch das Stück „Der verlorene Sohn“ einstudiert, aber die NSDAP verhinderte nun endgültig das Theaterspiel. Außerdem verbot sie für die Zukunft solche Aufführungen. Bis nach dem 2. Weltkrieg gab es keine weiteren Aktivitäten mehr.
Bereits 1947 erinnerte man sich an den Brauch des Theaterspielens und gründete unter Pater Raphael einen neuen Burschenverein. Er duldete allerdings nicht, dass Frauen mitwirkten. So mussten die Burschen damals selbst die Frauenrollen übernehmen. Das änderte sich erst wieder unter Pater Fridolin.Zur gleichen Zeit wurde auch die Frauen- und Mädchenvereinigung „Weiße Rose“, die bereits vor dem Krieg aktiv war, unter der Führung von Maria Heillos wieder ins Leben gerufen. Ebenfalls gleichzeitig nach dem Krieg bis in die 50er Jahre führte unsere Lehrerin Frau Rita Amann die größeren Schulkinder und die Jugendlichen zum Theaterspielen.
Wie man sieht herrschte gleich nach dem Kriege ein sehr reges Theaterleben in Erbshausen- Sulzwiesen. Sicherlich war dies mit die wichtigste Einnahmequelle der Vereine, aber man spielte wohl mehr aus Spaß und Freude. Wenn man so das reichhaltige Programm um 1950 anschaut, so muss man ja annehmen, dass fast jeder Erbshäuser oder Sulzwieser Bürger schon einmal auf den Brettern stand, die die Welt bedeuten.
1953 ging der Burschenverein in die DJK über und die Aufführungen wurden von der Gastwirtschaft Stühler in den neuen Kindergarten verlegt. Bis in die 70er Jahre waren es jetzt Rektor Bieringer und Franz Schnabel, die die Stücke einstudierten, mitspielten und Beiträge für Bunte Abende selbst schrieben. Es fanden jährlich Bunte Abende und Theateraufführungen statt.
Anfang der 70er Jahre nun schien der schöne Brauch wieder einzuschlafen. Die ältere Generation trat von der Bühne ab. Eine ganz junge Truppe, Gottfried Holzinger, Wilhelm Issing und
Hugo Stühler, damals keiner älter als 25 Jahre, nahm den Brauch auf und führte ihn fort. Ihrem Engagement ist es zu verdanken, dass auch in den folgenden Jahren regelmäßig Theater gespielt wurde.
Im Jahre 1981 kam es zu einer unfreiwilligen Pause, denn im Kindergarten durfte nicht mehr gespielt werden. Im September 1982 wurde die neue Mehrzweckhalle eingeweiht und bereits kurz darauf mit einem bunten Abend die neue Bühne getestet. Denn beim Bau der Halle wurden die Anforderungen der Spieler an eine möglichst optimale Bühne berücksichtigt. Die Bühnengestaltung übernahmen der ortsansässige Künstler Ernst Simon und dessen Frau.
Im Jahr 1983 wurde sogar zweimal gespielt. Ab jetzt wurden die Aufführungen in die Vorweihnachtszeit verlegt und es wurde meist ein Einakter und ein Dreiakter aufgeführt, um möglichst viele Spieler berücksichtigen zu können. 1985 besuchten über 2000 Gäste aus der ganzen Umgebung die insgesamt sechs Aufführungen.
Bei einem Brand im Jahr 1986 wurde die komplette Bühne und die Requisiten vernichtet. Es waren viele freiwillige Helfer notwendig, um eine komplett neue Bühne zu bauen, bei der für den Zuschauer einiges verbessert wurde, so dass die Aufführungen jetzt unter besten Bedingungen stattfinden können.
Ab 1987 fanden wieder Theateraufführungen mit ständig steigenden Zuschauerzahlen statt.
Ein Novum gab es im Jahr 2000, denn die Laienspielgruppe trat zum ersten Mal nicht auf heimischer Bühne auf. Sie wurde als eine von fünf Gruppen unter 85 Bewerbern für die Distelhäuser Bauerntheatertage in der Distelhäuser Brauerei ausgewählt. Die Aufführung vor ausverkauftem Haus wurde ein voller Erfolg. Jetzt waren sie anscheinend auf den Geschmack gekommen, denn die Theatergruppe Erbshausen-Sulzwiesen war eine von fünf Gruppen, die im Rahmen des Pfarrfestes in Retzstadt kleine Stücke und Einakter aufführten. Alle Gruppen spielten ohne Gage, damit die Theatergruppe Retzstadt den Erlös vollständig für den Neubau ihrer Bühne, die bei einem Brand zerstört wurde, verwenden konnte. Auch 2002 stand wieder ein Auswärtstermin auf dem Programm. Die Spieler aus Erbshausen-Sulzwiesen waren die einzigen, die zum zweiten Mal bei den Distelhäuser Bauerntheatertagen auftreten durften. Es kam das Stück „Firmtag - schönster Tag“ zur Aufführung. Dieses Stück verdient besondere Aufmerksamkeit, denn es wurde von Angelika Ringelmann, früher selbst auf der Bühne aktiv, speziell für die Laienspielgruppe Erbshausen-Sulzwiesen geschrieben. Es wurde neunmal aufgeführt und ist jetzt beim Rieder Verlag auch für andere Gruppen zu erwerben.
Seit 2004 finden jährlich 10 Aufführungen vor ca. 3000 Zuschauern statt. Im Jahr 2005 erreichten wir die Rekordzahl von 3400 Zuschauern. Dabei ist zu bemerken, dass, vom Platzangebot her, für Zuschauer aus Erbshausen-Sulzwiesen eine Vorstellung ausreichend wäre.
Seit 1999 gibt es auch eine Kindertheatergruppe unter der Leitung von Anna Gößmann. In den folgenden Jahren kamen jeweils im März Stücke von Kindern für Kinder zur Aufführung. Der Erlös wurde jeweils für einen sozialen Zweck gespendet.
So hat sich die Schauspielerei in 100 Jahren in Erbshausen-Sulzwiesen stark verändert. Der Eintrittspreis von anfänglichen 20 Pfennigen war im Laufe der Zeit nicht mehr zu halten. Auch die Theatersatzung aus dem Jahre 1913 ist nicht mehr unbedingt gültig. Aber eineTradition hält sich nun schon seit ca. 95 Jahren: Der jeweilige Regisseur, seit 1983 ist es Bruno Strobel, arbeitet von einem Stuhl aus, der im Jahre 1918 extra für einen Pfarrer angefertigt wurde.